Unsere Regale und Kühlschränke sind immer voll. Für uns sieht von außen alles perfekt aus, doch manchmal trügt der Schein. Auf der einen Seite hungern etwa täglich eine Milliarde Menschen, auf der anderen Seite werden 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeschmissen. Es herrscht eine große Lebensmittelverschwendung von der die Verbraucher kaum etwas mitbekommen. Daher nennen wir heute ein paar Zahlen und Fakten, die Euch Nahe bringen sollen, wieso wir mehr Lebensmittel retten bzw. weniger wegschmeißen müssen.
Wir produzieren Lebensmittel für 12 Milliarden Menschen
Momentan leben insgesamt 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt und es wird jetzt schon heiß diskutiert, wie wir es schaffen im Jahr 2050 insgesamt 10 Milliarden Menschen zu ernähren. An sich eine sehr wichtige Frage, aber eigentlich wiederum eine sehr irrelevante Frage, wenn man bedenkt, dass momentan Lebensmittel für insgesamt 12 Milliarden Menschen produziert werden.
Da stellen wir uns die berechtigte Frage, wie es sein kann, dass Lebensmittel für 12 Milliarden Menschen produziert werden, aber bis zu 40% dieser Lebensmittel entlang der globalen Wertschöpfungskette bis einschließlich dem Verbraucher verloren gehen.
Lebensmittelverschwendung: hier wird weggeschmissen
Pro Jahr werden 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weltweit weggeschmissen. In Deutschland werden laut einer Studie des WWFs über 18 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeschmissen. Dies entspricht 30% des Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland und für alle, die mehr Vorstellungskraft benötigen: Jede Minute wird – in Deutschland – eine LKW Ladung Lebensmittel weggeschmissen.
Wo genau Lebensmittel in Deutschland weggeschmissen werden, könnt ihr an folgender prozentualer Aufteilung entnehmen (Quelle: WMF/2015):
- 14% Ernte- und Nachernteverluste (2,57 Mio. Tonnen)
Ernteverluste kommen durch bspw. mechanische Zerstörung zustande. Nachernteverluste kommen durch die Reinigung oder durch Schädlings- und Krankheitsbefall zustande.
- 14% Prozessverluste (2,61 Mio. Tonnen)
Prozessverluste entstehen durch die Weiterverarbeitung der Lebensmittel. Durch die Aussortierung “nicht geeigneter Lebensmittel” gehen an dieser Stelle Unmengen noch essbarer Lebensmittel verloren. Wir sind uns sicher: Die krumme Karotte und die nicht perfekt ovale Zitrone schmecken genauso gut.
- 14% Verteilungsverluste (2,58 Mio. Tonnen)
Verteilungsverluste entstehen durch Marketingmaßnahmen und Konsumentenerwartungen. Die ständige Frische und Verfügbarkeit aller Lebensmittel verdrängt ältere, aber noch essbare Lebensmittel aus den Regalen. Auch durch die Auswahl der Konsumenten nach der perfekten Optik und Textur der Lebensmittel landen 2,58 Mio. Tonnen Lebensmittel pro Jahr in Deutschland in der Tonne.
- 19% Großverbraucher (3,40 Mio. Tonnen)
Verbrauchsfertige Lebensmittel von bspw. Kantinen, Restaurants, Fast Food-Ketten etc. werden leider nicht alle vollständig verkauft, sodass auch hier eine große Menge an Lebensmitteln unnötig in der Tonne landet.
- 39% Endverbraucher (7,23 Mio. Tonnen)
Zu guter Letzt tragen auch wir als Endverbraucher einen großen Teil der Lebensmittelverschwendung bei. In Deutschland schmeißen wir Endverbraucher jährlich über 7 Milliarden Tonnen Lebensmittel weg. Dies entspricht 82 kg Lebensmittel pro Person pro Jahr.
Wir fassen zusammen: 61% der Lebensmittelverluste entstehen vom Produzenten bis zum Großverbraucher, wir Endverbraucher sind mit 39% allerdings auch hoch an der Lebensmittelverschwendung in Deutschland beteiligt.
Taste the Waste
Die Dokumentation Taste the Waste von Valentin Thurn macht darauf aufmerksam, wie viele Lebensmittel wir eigentlich wegschmeißen. Für die oben genannten Zahlen reicht unsere Vorstellungskraft vielleicht nicht mehr aus. Daher empfehlen wir die Dokumentation Taste the Waste von Herzen. Was uns am meisten geärgert hat: Lebensmittel, die um die halbe Welt reisen – bzw. aus Ländern kommen, wo sich die eigenen Landsleute diese Lebensmittel nicht leisten können – und bei uns in der Tonne landen.
Jedes Jahr werden in der EU 90 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Geladen in Lastwagen wäre das eine Kolonne einmal rund um den Äquator.
Lebensmittelregelung in Frankreich
Die französische Regierung verpflichtet große Supermärkte ab 400 Quadratmetern Ladenfläche mit karitativen Organisationen zusammenzuarbeiten. Dabei werden alle unverkauften, aber noch essbaren Lebensmittel an die ausgesuchte Hilfsorganisation verschenkt. Wer sich an diese Regelung nicht hält, kann eine Strafe von bis zu 4500 Euro pro Verletzung erwarten. In Deutschland gibt es solche Regelung – noch – nicht.
Tipps, was wir als Einzelner dagegen tun können
im Supermarkt beginnen
Starte gleich im Supermarkt. Die oben genannten Verteilungsverluste könnt ihr minimieren, indem ihr nicht immer nur zu dem perfekt aussehenden Obst und Gemüse greift, sondern bewusst welches mit kleinen Dellen auswählt. Einzelne Bananen bleiben meistens ebenfalls immer liegen, da die Mehrheit immer Bündel möchte. Doch wieso? Einzelne Bananen schmecken genauso gut.
It’s not a good deal, if you don’t need it.
nur so viel kaufen, wie man isst
“It’s not a good deal, if you don’t need it.” passt nicht nur gut zu dem Sale im Mode-Bereich, sondern auch zu den Angeboten im Lebensmittel-Bereich. Dank solchen Angeboten geben wir leider oft sogar mehr Geld am Ende aus, da wir Dinge kaufen, die wir nicht brauchen und aufessen können. Daher: Nur das und so viel kaufen, was man essen kann. Bewusster Konsum schützt uns auch vor der Lebensmittelverschwendung.
Essensplan erstellen
Erstelle einen Essensplan für die Woche und kaufe nur Lebensmittel ein, die dafür benötigt werden. Spart nicht nur Geld, sondern auch Lebensmittelabfälle.
richtige Lagerung im Kühlschrank
In dem Kühlschrank befinden sich verschiedene Klimazonen. Daher sollten die Lebensmittel richtig gelagert werden. Wie genau ihr Lebensmittel richtig einräumt, könnt ihr beispielsweise bei Utopia nachlesen.
Resteverwertung
Ihr habt noch irgendetwas zuhause rumliegen, wisst aber nicht, was ihr daraus kreieren könnt? Websiten wie Restegourmet helfen Euch dabei, aus verfügbaren Lebensmitteln eine Mahlzeit zu kochen. Wenn noch Kleinigkeiten vom Vortag übrig geblieben sind, immer am nächsten Tag aufessen, bevor etwas Neues auf den Tisch kommt. Apropos gibt es in Berlin beispielsweise ein Restaurant namens Restlos glücklich, die ebenfalls beweisen, wie lecker übrig gebliebenes Essen sein kann.
Probieren, bevor etwas weggeschmissen wird
Das MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum) eines Lebensmittels ist das Datum, bis zu dem es „unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält“. Der Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums bedeutet aber nicht, dass das Lebensmittel damit automatisch wertgemindert oder nicht mehr zum Verzehr geeignet ist. (Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
Das heißt, die Produkte können auch noch nach dem MHD verzehrt werden. Bevor ihr wirklich etwas wegschmeißen müsst: Bitte erst einmal probieren.
Verschenken statt wegschmeißen
Die Chia-Samen oder etwas Anderes war doch nicht so Euer Ding? Fragt Freunde, Bekannte oder Eure Nachbarschaft, ob sie die Lebensmittel mögen und aufbrauchen können. Lieber verschenken statt wegschmeißen und so wieder ein weiteres Lebensmittel vor der Tonne bewahren.
Lebensmittel retten – über Plattformen
Wer engagiert ist, kann über einige Plattformen wie beispielsweise Foodsharing Lebensmittel retten. Bei Annie von today is erfahrt ihr, wie ihr Foodsaver werdet und mit Foodsharing Lebensmittel retten könnt. Klickt Euch da unbedingt mal rein.
Lebensmittel wieder mehr wertschätzen
Der letzte – und wahrscheinlich der wichtigste – Tipp lautet: Lebensmittel wieder mehr wertschätzen. Es ist einfach ein absolutes Unding, dass auf der einen Seite so viele Menschen unter Hunger leiden und auf der anderen Seite so viele Lebensmittel weggeschmissen werden. Diese unfassbar wichtigen Ressourcen benötigen wir täglich zum Überleben, daher schätzt Lebensmittel wert und geht mit ihnen gut um.
1 Kommentar
So ein wichtiges Thema! Und jeder kann etwas dagegen tun. Früher habe ich auch eher schnell mal Lebensmittel weggeworfen. Heute versuche ich alles zu verwerten was geht und ich habe kaum negative Erfahrungen damit gesammelt. Ich kaufe keinen ganzen Beutel Äpfel mehr, wovon ich die Hälfte wegwerfen muss sondern nur noch 3 für die ganze Woche. So fängt es ja schon an. Wir machen auch bestimmt zweimal in der Woche ein Resteessen denn Reste hat man immer. Und ein schöner Nebeneffekt ist auch ein ganz egoistischer: man fühlt sich gut dabei!
Liebe Grüße (katerdinoo)