Tenside sind kaum mehr wegzudenken. Sie befinden sich in jedem Waschmittel und sollen unsere Wäsche, Haare oder Körpern reinigen. Weltweit werden 55% der Tenside für Haushalts- und Reinigungsmittel eingesetzt. Doch sind alle Tenside wirklich gut für uns? Um einen kleinen Einblick in den Chemie-Dschungel zu erhalten, fassen wir für Euch die wichtigsten Informationen zu Tensiden zusammen.
Tenside
Im Jahr 2014 wurden weltweit etwa 20 Millionen Tonnen Tenside hergestellt. Damit stellen sie eine wirtschaftliche Bedeutung dar. In den letzten zehn Jahren ist in Deutschland der jährliche Gesamtverbrauch ungefähr konstant geblieben.
Definition und Eigenschaften
Tenside (lat. tensio = Spannung) sind die zentralen Inhaltsstoffe von allen Haushalts- und Reinigungsmittel. Die Aufgabe liegt bei der Schmutzablösung und der Verhinderung der Wiederablagerung des Schmutzes auf der Faser. Heutzutage ist es nicht unüblich, wenn Waschmittel eine Kombination aus mehreren Tensiden beinhalten. Als waschaktive Substanz sind sie in Waschmittel, Spülmittel oder Shampoos kaum mehr wegzudenken.
Tenside besitzen mehrere Eigenschaften. Die interessantesten Eigenschaften sind für diesen Beitrag, dass sie ein Schaumvermögen besitzen und Schmutz lösen können. Jetzt wird es auch schon langsam spannend. Denn vielleicht ist dem ein oder anderem schon einmal aufgefallen, wie intensiv konventionelle Shampoos schäumen. Voilà – hier kommen die Tenside zum Vorschein.
Einsatzbereiche
Neben Reinigungsmittel oder Shampoos und Kosmetika stellt die Herstellung von technischen Produkten für die Industrie weitere wichtige Anwendungen von Tendsiden dar. Der größte Einsatzbereich ist und bleiben dennoch die Haushalts- und Reinigungsmittel.
Weltweit werden 55% der Tenside für Haushalts- und Reinigungsmittel eingesetzt, rund 10% wird in der Kosmetik und Pharmazie eingesetzt. Daher ist es keine Seltenheit, dass wir Tenside beispielsweise auch in Cremes oder Zahnpasta vorfinden. Niedrigere Einsatzbereiche sind gewerbliche und industrielle Reinigungsmittel sowie für Textil und Leder, Baugewerbe, Pflanzenschutzmittel oder Nahrungsmittel.
Tensid-Typen
Grob gesagt kann man zwischen natürlichen und synthetischen Tensiden unterscheiden. Natürliche Tenside werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Synthetische Tenside werden aus Erdöl hergestellt. Doch diese grobe Unterteilung reicht fachlich nicht aus, da selbst natürliche Tenside wie Seife durch einen chemischen Prozess gewonnen werden.
Anionische Tenside
Die anionischen T. werden überwiegend als preiswerte Natriumsalze hergestellt. Zugleich zählen diese aber auch leider zu den schärfsten bzw. aggressivsten. Da sie immer ein Gegenkation beinhalten, erkennt man sie schnell an den Wörtern Natrium (engl. Sodium) oder Ammonium. Bekannte Tenside sind hier Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Sodium Laureth Sulfate (SLeS), Ammonium Lauryl Sulfat (ALS). Das SLS wird aus Erdöl hergestellt und gilt als besonders aggressiv und hautirritierend.
In der Naturkosmetik wird beispielsweise als Alternative Sodium Lauryl Sulfoacetate (SLSA) eingesetzt. Es ist zwar teilweise umstritten, aber immer noch besser als SLS, SLeS oder ALS. Eine Einstufung der verschiedenen Tenside gibt es weiter unten, da es zu ausführlich und komplex wäre, für jeden einzelnen Typ eine Liste zu erstellen.
Kationische Tenside
Kationische T. werden gerne bei Shampoos für trockene Haare eingesetzt, da diese eine elektrostatische Aufladung der Haare verhindern. Deswegen findet man sie außer in Shampoos auch in Spülungen. Die Tenside legen sich um das Haar, sodass die Haaroberfläche glätter erscheint. Zudem sind sie keimtötend und werden gerne wegen der desinfizierenden und antiseptischen Wirkung in Desinfektionsmittel eingesetzt. Die Tenside dieser Gruppe sind teilweise hautreizend oder hautirritierend.
Nichtionische Tenside
Nichtionische T. haben eine sehr gute Wasch- und Entfettungswirkung bei niedriger Temperatur, schäumen aber nicht so stark. Beispielsweise zählen Saponine zu dieser Gruppe. Saponine sind in der Natur weit verbreitet. Sie kommen in vielen Pflanzenarten in hoher Konzentration vor. Das beste Beispiel ist die Kastanie. Wie einfach ihr Waschmittel aus der Kastanie herstellen könnt, zeigt Euch Shia von Wasteland Rebel.
Amphotere Tenside
Die wichtigsten Vertreter der amphoteren T. sind Alkylbetaine, die auch unter Betain bekannt sind. Sie sind gut kombinierbar und sind unempfindlich gegenüber hartem Wasser. Aufgrund besserer Hautverträglichkeit werden sie bevorzugt in Shampoos und Geschirrspülmittel eingesetzt. Ebenfalls werden sie gerne mit anionischen T. kombiniert, um die Hautverträglichkeit der anionischen T. zu verbessern.
Einstufung verschiedener Tenside
Eine Liste der interessantesten Tenside pro Kategorie würde nicht so viel Sinn machen. Denn heutzutage ist es keine Seltenheit mehr, dass anionische und nichtionische Tenside kombiniert werden. Um ein ständiges hin- und herscrollen zu vermeiden, findet ihr hier eine kleine Liste aggressiver und milder(er) Tenside vor. Die Liste wurde auf das Nötigste reduziert. Eine vollständige Liste würde den Rahmen des Beitrages sprengen.
aggressiv
- Sodium Lauryl Sulfate (SLS)
- Sodium Laureth Sulfate (SLeS)
- Ammonium Lauryl Sulfat (ALS)
- Magnesium Lauryl Sulfate
- MEA-Lauryl Sulfate
- Potassium Lauryl Sulfate
- Sodium Cocoate
- Sodium C₁₂-₁₅ Alkyl Sulfate
mild(er)
- Sodium Coco Sulfate (SCS)*
- Sodium Lauryl Sulfoacetate (SLSA)* -> vom BDIH für Naturkosmetik zugelassen
- Coco Glucoside
- Decyl Glucoside
- Decyl Polyglycoside
- Lauryl Glucoside
- Sucrose Cocoate
- Sodium Cocoyl Isethionate (SCI)
* noch etwas umstritten, da anionisch und dadurch auch aggressiver, aber auf jeden Fall milder als SLS oder SLeS
Problemkind Sodium Lauryl Sulfat (Natrium Lauryl Sulfat)
Trotz viel Kritik schafft es der Inhaltsstoff Sodium Lauryl Sulfat (SLS) – oder Natrium Lauryl Sulfat – immer wieder auf die INCI-Liste konventioneller Shampoos, Duschgelen und weiteren Reinigungsmitteln. Da das SLS auch als Emulgator eingesetzt wird, ist es keine Seltenheit, dass selbst Zahnpasta diesen Inhaltsstoff beinhaltet.
Wenn man die einzelnen Wörter auseinander nimmt, erkennt man, dass es sich um eine Zusammensetzung von Natrium und Laurylsulfat handelt. Das Laurylsulfat ist hier etwas spannender – und unschöner. Denn es ist aus Sicht der Chemie eine harte Säure, deren aggressive Wirkung durch eine basische Ethergruppierung gemildert werden kann.
9 Kommentare
Oh wow, Laura.
Ein so ausführlicher und gut recherchierter Beitrag mal wieder. Vielen Dank für deine Mühe und das Aufklären!
Liebste Grüße
Anna
So so gut Laura! Hat sich die ganze recherche gelohnt! Hab ich sehr gerne gelesen !
Liebst aus NY
Franzi
SLS wird aus Fettalkoholen, die in der Regel aus nachwachsenden Rohstoffen (Palmöl Kokosöl…) und nicht aus Erdöl hergestellt werden. Chemie ist niemals simpel und darf nicht zu eigenen Zwecken einseitig dargestellt werden. Ich finden den Ansatz und die Recherche gut, aber ich bin enttäuscht, dass der Artikel tendenziös inszeniert ist. Schade.
Zu: Problemkind Sodium Lauryl Sulfat. Wenn du schreibst: “Laurylsulfat wird aus Laurylalkohol und dem Erdöl-Abkömmling Ethylenoxid hergestellt.”, dann meinst Du wohl Natriumlaurethsulfat, das das Natriumlaurylsulfat weitgehend abegelöst hat. Laurylsulfat enthält keine ethoxylierten Bestandteile.
Danke für den tollen Artikel. Wie kann ich denn Sodium Cocoyl Glutamate einordnen?
Dazu hier noch ein guter Link: https://naturalbeauty.de/fakten/du-kommst-hier-nicht-rein/du-kommst-hier-nicht-rein-sodium-laureth-sulfate/