Wenn man an Second Hand Kleidung denkt, hat man vielleicht erstmal das Bild eines muffigen Shirts mit ausgeleierten Ärmeln im Kopf, das viel zu lange in einer vergessenen Kiste im Keller lag. Läden, die bis oben hin mit alten Sachen vollgestopft sind und Wühltische, auf denen man doch sicher NIE die eigene Größe findet. Ist das die bittere Wahrheit oder vielleicht doch nur ein überzogenes Klischee? Und wieso sollte man denn überhaupt zu Second Hand Kleidung greifen, wenn es so viele tolle neue Sachen gibt?
Nachteile von Second Hand
Geruch
Sehen wir uns doch zuerst mal die vermeintlichen Nachteile von Second Hand Kleidung an. Der wohl am häufigsten kritisierte Punkt von bereits getragener Kleidung ist der Geruch. Jede*r der / die schon einmal in einem Charity Shop oder einem Vintage Laden war, weiß, was gemeint ist. Wir geben zu: Ist Gewöhnungssache. Aber das Gute ist ja, dass wir die Teile einfach zuhause waschen können. Oder im Notfall zur Reinigung bringen. Der Geruch stört also höchstens beim Einkaufen selbst und für uns kein ausschlaggebender Nachteil, der langfristig anhält.
Fehlende Größen
Und was ist mit der Größe? Denn auch dieser Punkt wird oft mal bemängelt. In normalen Läden hängen die Kleidungsstücke an der Stange nach Größe sortiert. Zur Not steht oft ein*e Verkäufer*in bereit. Wird versucht, eine Jeans Second Hand zu shoppen, kann die Suche etwas verzweifelt ausgehen. Denn bei gebrauchten Teilen hast du die Suche nach deiner passenden Größe selbst in der Hand, die am Ende vielleicht nicht vorhanden ist. Aber weiter unten haben wir trotzdem noch einen prima Tipp für euch, der da helfen könnte.
Konkrete Kleidungsstücke
Was auch nicht leicht zu finden ist, sind Teile, von denen man schon eine konkrete Vorstellung im Kopf hat. Da kann es vorkommen, dass selbst nach stundenlangem Suchen online als auch offline nichts Ähnliches oder Passendes gefunden wird.
Persönliche Grenze
Und dann gibt es da noch Kleidungsstücke, die jemand niemals gebraucht kaufen würde. Denn irgendwo hat jede*r seine persönliche Schmerzensgrenze, wenn es um Gebrauchtes geht. Unterwäsche und Socken sind sowieso ein No Go und bei vielen hört es schon bei Schuhen oder Sportleggings auf. Was das betrifft: Natürlich muss jede*r selbst entscheiden, was zu weit geht. Aber oft sind die Teile doch noch sehr neu. Daher finden wir: Erst das Produkt genauer unter die Lupe nehmen oder online nachfragen, in welchem Zustand sich das Produkt befindet. Dann ist vielleicht sogar der Schuhkauf aus zweiter Hand völlig in Ordnung.
Laut einer Studie kaufen die Deutschen jährlich pro Person 60 neue Kleidungsstücke. Jedes 5. Teil bleibt ungetragen im Schrank zurück. Rechnet Euch aus, wie viele Kleidungsstücke allein in Deutschland ungetragen im Schrank hängen. Obwohl wir finden, dass es gar nicht so schwer ist, bewusst zu konsumieren, machen leider immer noch viel zu viele Menschen Fehlkäufe.
Vorteile von Second Hand Kleidung
Nach den ganzen Nachteilen fragt ihr euch vielleicht, warum ihr überhaupt noch einen Gedanken an gebrauchte Kleidung verschwenden solltet. Aber, wie versprochen, gibt es gute Gründe dafür, es eben doch zu tun. Legen wir los.
Nachhaltiger
Ihr habt es Euch sicher denken können: Second Hand bedeutet gleichzeitig auch nachhaltiger. Da im Gegensatz zu einem neuen Produkt keine weiteren Ressourcen verbraucht werden, ist der Kauf aus der zweiten Hand immer nachhaltiger. Dazu kommt, dass die wertvoll eingesetzten Ressourcen weiterverwendet werden und nicht im Müll landen. Kurz gefasst: Etwas Gebrauchtes zu kaufen ist eigentlich IMMER nachhaltiger als ein neues Teil zu konsumieren. Logisch, dass ihr nicht international Second Hand shoppen solltet, sondern eher regionaler.
Könnt ihr euch noch an die nachhaltige Konsumpyramide aus einem unserer letzten Beiträge erinnern? Eine Stufe vor dem Kauf eines neuen Teils kommt immer erst die gebrauchte Alternative, egal ob wir von Küchengeräten, Möbeln, oder eben Kleidung sprechen. Hier kommt ihr zum zugehörigen Beitrag für einen günstigen, nachhaltigen Lebensstil.
Günstiger
Auch ein Punkt pro Second Hand: Es schont den Geldbeutel. Nicht jede*r kann sich Fair Fashion neu leisten, deshalb ist Second Hand Kleidung oft eine günstige Alternative, mit der man trotzdem nachhaltig und fair unterwegs ist. Denn die Fast Fashion unterstützen, nur weil sie vermeintlich günstig ist, das wollen wir ja auf keinen Fall!
Wertschätzender
Noch eine Sache ist uns besonders wichtig: Second Hand Kleidung schafft Wertschätzung. Wieso? Zum einen geben wir einem Teil, das wir gebraucht kaufen ein neues Leben. Dinge, die vorher nur ungenutzt herumlagen werden vielleicht für jemand anderen zum neuen Lieblingsteil. Außerdem ist Second Hand Kaufen wie eine Schatzsuche. Denn wenn man nach zwei monatiger Suche endlich die perfekte Winterjacke für nur 20€ gefunden hat, ist das ein ziemlich großartiges Gefühl. Durch Fast Fashion haben wir so eine Wertschätzung gegenüber Mode leider ein bisschen verlernt. Lasst es uns in Zukunft besser machen.
Individueller
Den vierten und letzten Pluspunkt auf unserer Liste bekommt Second Hand Mode für Individualität. Denn weil Fast Fashion Ketten in rauen Mengen produzieren lassen und die Teile weder schwer zu finden, noch teuer sind, kann es schon mal vorkommen, dass jemand auf der WG Party das gleiche Outfit trägt. Das ist irgendwie schade, finden wir! Wer sich auf die Suche nach gebrauchter Kleidung macht, oder sogar auf echte Vintage Schätze aus ist, hat dieses Problem natürlich nicht.
Wo wird man fündig?
Soweit so gut. Nachdem wir also ein paar der Klischees aufgebrochen haben und zeigen konnten, dass es eben doch auch genügend Argumente für Second Hand Kleidung gibt, stellt sich noch die Frage, wo man eigentlich nach gebrauchter Mode suchen soll.
Second Hand im Netz
Sucht man im Internet nach Gebrauchtem, kann man nicht nur dem manchmal muffigen Geruch entgehen, sondern auch von jedem Ort aus neue Lieblingsteile finden. Denn schließlich hat nicht jede*r einen Charity Shop um die Ecke. Und noch ein wunderbarer Vorteil: Ihr könnt ganz gezielt suchen und nach Farben, Größen, Marken und Stilrichtungen filtern. Damit wäre das Problem mit der Größe dann auch geklärt.
Gute Adressen im Internet sind
- Vinted
- Mädchenflohmarkt
- Ebay (Kleinanzeigen)
- Momox
- Sellpy
Bei Vinted und Mädchenflohmarkt verkaufen und kaufen ausschließlich Privatpersonen ihre Kleidung. Man kann prima stöbern, gleich ganze Pakete shoppen und sogar Kleidung tauschen. Ebay kennt wahrscheinlich so ziemlich jede*r und auch dort kann man fündig werden, vor allem wenn man ganz konkrete Teile sucht. Wer auf der Suche nach teurer Markenkleidung zu Schnäppchen Preisen ist, ist auf Momox oder Rebelle richtig. Hier wird gebrauchte Mode von High End Labels zum bezahlbaren Preis verkauft.
Second Hand aus dem Laden
Wer in einer größeren Stadt wohnt, kann auch mal bei Charity Shops und Vintage Läden vorbeischauen. Die niedrigen Preise in gemeinnützigen Läden sind meistens ziemlich unschlagbar, während man in Vintage Läden dafür auch mal echte Designer Teile von vor 20 Jahren finden kann. Auch ziemlich praktisch: In der offline Variante könnt ihr die Kleidung anfassen, begutachten und anprobieren.Klar, hier kommt wieder der Geruch ins Spiel und man kann von den Läden, die oft aus allen Nähten zu platzen scheinen schon mal überfordert sein. Trotzdem raten wir euch, es einfach mal auszuprobieren und sich darauf einzulassen. Denn wie schon gesagt: Second Hand Mode ist eine Schatzsuche.
Allen, die in einer Großstadt wohnen, können wir an der Stelle nur raten: Auf zu HUMANA!
Second Hand am Flohmarkt oder beim Kleidertausch
Das Schöne am Flohmarkt: Man kann die Verkäufer*innen persönlich kennenlernen und kommt in Kontakt mit Menschen, die die gleiche Begeisterung teilen. Und natürlich kann man die Teile auch anprobieren und anfassen.
Am besten sucht ihr nach Fashion-Flohmärkten, Mädchenflohmärkten oder Nachtflohmärkten in eurer Nähe, da stehen eure Chancen gut!
Eine noch recht neue Art von Event sind Kleidertauschs. Ihr könnt entweder zu einem offiziell organisierten Tausch gehen, oder einfach einen mit euren Freund*innen veranstalten. Jede*r bringt ein paar Teile mit, die er/sie nicht mehr braucht und dann wird getauscht. Übrig gebliebene Teile werden oft gespendet, so haben wirklich alle was davon.
The Renewery – Vintage redesigned
Einen Tipp haben wir noch, für alle die etwas ganz Besonderes suchen. Das Label The Renewery kauft Vintage Teile und Gebrauchtes und haucht den Teilen neues Leben ein. Manchmal ist es nur ein Abnäher hier und da, ein anders Mal werden zwei Blazer Hälften kombiniert. So entstehen Looks, die sowohl aktuelle Trends widerspiegeln als auch nachhaltig und vintage sind. Großartig!
Finden könnt ihr die Unikate des Labels auf Instagram unter @therenewery
Wir hoffen nach diesem Beitrag seid ihr gebrauchter Mode gut gesinnt und habt auch mal Lust ein bisschen Second Hand zu shoppen. Wer noch ein bisschen Inspiration für den Kleiderschrank braucht, kann gerne mal bei unserer aktuellen Capsule Wardrobe für den Herbst vorbeischauen.
Und was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Hängen bei euch schon Second Hand Teile im Schrank, oder noch nicht? Seid ihr Team offline kaufen oder eher online unterwegs? Wir sind gespannt.
8 Kommentare
Vielen Dank für den guten und ausführliche n Artikel. Ich hab es eigentlich gar nicht mit Second Hand, hab aber nach dem Lesen Lust bekommen, dem Ganzen noch mal eine Chance zu geben.
Liebe Grüße, Katharina
Ich wusste nicht, dass jeder Deutsche im Durchschnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr kauft. Das ist ganz schön viel. Ich kaufe Gott sei Dank nicht so viel, da mir die Qualität wichtiger ist als die Menge.
Liebe Anne,
freut uns sehr zu hören, dass dir die Qualität wichtiger ist als die Quantität.
Uns erschreckt die Zahl von 60 neuen Kleidungsstücken ebenfalls immer wieder. Vor allem, weil wir (in dem Fall ich = Laura) noch nicht einmal so viel besitze.
Liebe Grüße
Laura
Eine Freundin von mir möchte ihre Kleidung öfter second hand kaufen, um Geld zu sparen und nachhaltiger zu leben. Das stimmt, dass man individuellere Kleidung in eine Second Hand Shop finden kann. Ich hatte über diesen Vorteil nicht gedacht, aber es macht es leichter, ein einzigartiges Aussehen zu erschaffen.
Second Hand Kleidung ist auf jeden Fall eine nachhaltige Variante. Manchmal kann man auch was wertvolles finden, was echt teuer eigentlich sein soll. Wir machen einmal im Jahr eine Schatzsuche, was uns Spaß macht. Danke für den Beitrag mit Nach-und Vorteile der Alten Sachen!
vielen Dank für den interessanten Artikel!
Mir persänlich wäre interessant mehr zu erfahren, wie oder wo kann ich meinen Sachen abgeben, damit die das zweite Leben bekommen. Hier geht es nicht nur um die Klamotten, sondern auch anderen Sachen aus dem Haushalt. Zum Beispiel ich habe den alten Staubsauger, der kaputt ist. Es gibt aber bestimmt die Menschen, die es reparieren und noch gebraucht haben können. Wie kann ich so was herausfinden?
Lege seid kurzem sehr viel Wert auf Second Hand, ich glaube nach einiger Zeit wird einem so wirklich bewusst das Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt. Danke für diesen rollen Artikel. Ich nehme mir gerne einige Wertvolle Tipps mit.
Lg Alisa